Alfeld - 22. März 2023. Die Autoindustrie ist im Umbruch. Megatrends wie das autonome Fahren, Elektroantriebe oder die zunehmende Vernetzung der Autos treiben die Autobauer um. Viele Zulieferer suchen sich neue Märkte, andere entscheiden sich gerade jetzt auf die Zulieferer-Industrie. „Das Auto ist unsere DNA“, sagt Thomas Weiser. „In dieser Branche haben wir unseren Platz gefunden. Wir wollen bewusst nicht auf vielen Hochzeiten tanzen.“ Beim Besuch des Arbeitskreises Prio:Personal sprechen Thomas und Anuschka Weiser von einer klaren Fokussierung. Seit zwei Jahren geht die
Inno Tape GmbH in Alfeld diesen Weg. Das Unternehmen ist spezialisiert auf Klebebänder in und am Auto. Sie befestigen, verbinden, isolieren, dämpfen
oder dichten ab. Diese sogenannten Konverter sichern Anbauteile, leiten die Elektronik oder schützen Teile am Auto.
Thomas Weiser hat keine Angst vor harten Preiskämpfen, einseitiger Abhängigkeit oder geringen Margen. Der 50-jährige Unternehmer hält auch andere Märkte für anspruchsvoll. „Es gibt überall Ecken und Kanten. Auch auf anderen Märkten wird mit harten Bandagen gekämpft“, sagt er beim Besuch von aktiv. Man spürt: Der Mann ist überzeugt von seiner Technologie. Er hatte früh die richtige Nase: Als Schüler kam er im Ferienjob im Laden des Vaters seiner Freundin mit Klebebändern in Kontakt. Er lernte Groß- und Außenhandelskaufmann.
Doch der Weg vom unerfahrenen Startup zum erfolgreichen Autozulieferer mit inzwischen 170 Mitarbeiter hatte es in sich. Weiser hatte es früh erkannt, dass es zwar gute Klebebandhersteller gab. Doch die waren irgendwie Teil eines Handelshauses, erzählt er. Niemand kümmerte sich ausschließlich um die Weiterverarbeitung. „Ich hatte schon immer Bock darauf, einfache Produkte in Prozesse zu integrieren und Probleme zu lösen“, erinnert er sich.
Von Kritikern und Pessimisten ließ er sich nicht abhalten. „Viele unkten, es geht alles nicht. Das wird nie was“, erinnert er sich. „Doch meine Oma sagte immer: Es geht alles, nur der Frosch hüpft.“ Das habe ihn geprägt. Die Zweifel der anderen waren ihm egal. „Ich wusste, irgendwie geht es doch.“
Die Idee war da, die Motivation riesig. Das Problem war: Keiner verstand, was er vorhatte. „Ich wollte einen Produktionsbetrieb aufmachen. Keinen Händler, kein Ingenieurbüro oder einen Kiosk. Ich wollte einen Zulieferer entwickeln. Dafür brauchte ich Maschinen, Material und natürlich Geld.“ Die Banken winkten ab. Schließlich half ein befreundeter Unternehmer. „Es war der 30. Geburtstag meiner Frau. Da konnte ich meinen Freund von meiner Idee
überzeugen. Er wollte investieren und stellte mir auch eine Produktionshalle zur Verfügung“
Weiser erinnert sich an schwierige Anfangsjahre. An viele Gespräche und Zusagen, die später nicht gehalten wurden. Es habe sich damals wie ein Schlag ins Gesicht angefühlt. „Viele sind einfach nicht mehr ans Telefon gegangen“, sagt er heute. „Das war eine spannende, aber total anstrengende Zeit. Alles musste gleichzeitig passieren – Geld beschaffen, Kunden besuchen, Lösungen für Kunden entwickeln und dann an der Maschine stehen und produzieren.“
Heute ist das Unternehmen ein Leuchtturm in Südniedersachsen. Politiker kommen gern, wenn Erfolgsbeispiele gezeigt werden sollen. Die Büroräume, erzählt Weiser, seien zwanzigmal größer als zum Start, die Produktionsflächen mehr als zehnmal so groß. Auch der Personalstamm ist kontinuierlich gewachsen. Fast alle kommen aus den kleinen Orten der Nachbarschaft. „Aus einem Umkreis von rund 15 Kilometern.“ Diese Verbundenheit mit der Region ist Teil des Erfolgsrezepts. Eine strukturschwache Region muss kein Standortnachteil sein.
Thomas Weiser selbst sieht sich als Treiber, der versucht, seine Idee zu leben. „Das mache ich gern. Aber es geht bei Inno Tape nicht um mich, sondern um die Menschen, die hier arbeiten“, erzählt er. Fachkräfte, Fachkräfte, Fachkräfte – das ist auch für ihn die Herausforderung der Zukunft. Bei Inno Tape kümmert sich Weisers Ehefrau Anuschka schon seit mehr als zehn Jahren um die Personalentwicklung. Sie hat ein Händchen für Menschen und ihre Bedürfnisse. Und einen Blick für Kunst: Überall im Unternehmen stehen Skulpturen, hängen Bilder an der Wand, sind interessante Objekte zu sehen. Um anderen das Unternehmen und die Technologie näher zu bringen, hat Anuschka Weiser früh auf Social Media gesetzt, um Mitarbeiter zu gewinnen. Ein anderes Beispiel ist Tochter Zarah, die jüngste der fünf Kinder. Sie hat schon vor Jahren in You-Tube-Videos die Produkte, die Prozesse und spätere Anwendung vorgestellt. „Wir sind ein typischer Familienbetrieb“, sagt Thomas Weiser. „Wie alle glauben an diese Technologie und da geht noch deutlich mehr.“
03. April 2023