Wer bei ihrem Wechsel ins EU-Parlament an die Spitze des Verteidigungsausschuss nachrückt? Auf die letzte Publikumsfrage bei ihrem Besuch in der Hildesheimer Bischofsmühle gab FDP-Spitzenkandidatin Marie-Agnes Strack-Zimmerman statt einer Antwort ein Versprechen. „Sie werden von mir hören“, so die 66-Jährige, die sich als Europaparlamentarierin weiterhin für die Unterstützung der Ukraine stark machen will.
In die Bischofsmühle eingeladen hatten der FDP-Kreisverband und der Verein „Unternehmer Hildesheim“. Vor dem Auftritt der Sicherheits- und Verteidigungsexpertin brach Konstantin Gerbrich von „Pulse of Europe“ eine Lanze für Europa und appellierte an alle proeuropäischen Kräfte, gegen die Bedrohungen von links und rechts an einem Strang zu ziehen. Dem schlossen sich die Hildesheimer Europa-Kandidaten, Sonja Maria Lehmann und Georg von Kopylow, an.
Den Angriff auf SPD Mann Matthias Ecke in Dresden und die Attacken auf zwei Grünen-Politiker in Essen verurteilte von Kopylow als „inakzeptable Form der politischen Auseinandersetzung“. Mehr Wirtschaftswachstum, weniger Staat – so lautet in Kürze auch das Rezept, das FDP-Landeschef Konstantin Kuhle zur Aufhellung der schlechten Stimmung im Land in die Domstadt mitgebracht hatte.
Als Mittel gegen Kinderarmut verordnete der Liberale Investitionen in Bildung statt in Bürokratie, eine Spitze gegen Familienministerin Paus, die 5 000 neue Beamtenstellen für die künftige Kindergrundsicherung plant. Die durch den Ukraine-Krieg von außen diktierte Zeitenwende und die unter der Überschrift „Wirtschaftswende“ von der FDP geforderte finanz- und wirtschaftspolitische Umkehr bedingen sich seiner Argumentation zufolge. Die Begründung: Auf der Suche nach Verbündeten im geopolitischen Systemwettbewerb mit Russland und China brauche es neben Werten ein Geschäftsmodell, das für Wachstum steht. Wenn Kanzler Scholz die Zeitenwende ernst nehme, müsse er die FDP bei der Wirtschaftswende unterstützen, so Kuhle.
Als Hauptrednerin des Abends ging Marie-Agnes Strack-Zimmermann ausführlicher insbesondere auf die eng miteinander verwobenen Themen innere und äußere Sicherheit, Russland und China ein. „Was wir erleben, kann nur und ausschließlich auf europäischer Ebene gelöst werden“, zeigte sie sich überzeugt. Als ersten Schritt empfahl die Verteidigungsexpertin eine gemeinsame europäische Sicherheitspolitik inklusive EU-Armee. Außerdem sollen mehr Freihandel und der Abbau von Bürokratie EU und europäische Wirtschaft stärken. Vor deutlichen Worten schreckte die Politikerin mit den Wurzeln in der Kommunalpolitik nicht zurück.
„Die Ukraine wird den Krieg verlieren, wenn sie nicht besser ausgestattet wird“, warnte Marie-Agnes Strack-Zimmermann. Ihre Forderung nach militärischer Hilfe begründete sie unter anderem mit der nach einem russischen Sieg einsetzenden Fluchtwelle. Wenn Russland bis an die polnische Grenze reiche, könnten sich 20 Millionen Flüchtlinge auf den Weg westwärts machen. „Dagegen wird das, was wir gerade erleben, Micky Maus sein“, warnte die Liberale vor den gesellschaftlichen Folgen dieses Szenarios und benannte weitere Brandherde, an denen Putin zündelt: Georgien, Moldau, Westbalkan, in Nahost wie im mittleren Osten.
Den Raketenangriff des Putin-Verbündeten Iran auf Israel bewertete sie als Test, wie es um die westliche Unterstützungsbereitschaft bestellt ist. Zu den Herausforderungen, auf die Marie-Agnes Strack-Zimmermann in ihrem gut einstündigen, mit langem Applaus bedachten Vortrag zu sprechen kam, gehörten auch sichere Handelsrouten im Roten Meer und in der Straße von Taiwan. Die für den Welthandel bedeutende Meerenge ist die Grenze zwischen China und dem demokratisch regierten Inselstaat, auf den die Volksrepublik Anspruch erhebt.