Mokim Faeizi ist angekommen – beim Familienbetrieb Salge.
Seine letzten Auszubildenden musste sich Christoph Salge quasi von der Straße holen. Um Material im Lager der Glaserei einzulagern, wusste er sich keinen anderen Rat, als bei einem benachbarten Kfz-Betrieb zu fragen, ob jemand kurz helfen könne. Der 20-jährige Mokim Faeizi machte dort sein Praktikum und kam spontan rüber – der Beginn einer Erfolgsgeschichte.
„Wir waren über ihn so begeistert, dass wir ihn später noch mal gebeten haben, einzuspringen“, sagt Angelika Salge, Chefin des Familienbetriebs Glas Salge in Hildesheim. Kurze Zeit später hatte der junge Mann die Zusage zu einem Ausbildungsplatz: „Er hat gesucht, wir haben gesucht, das passte perfekt.“
Mittlerweile ist Faeizi im zweiten Lehrjahr als Glaser bei dem Betrieb in der Nordstadt. Doch zuvor musste seine Chefin eine Odyssee durch die Bürokratie absolvieren, um die formalen Bedingungen für die Ausbildung zu erfüllen, erzählt sie. Jugendamt, Jobcenter, Sozialamt, Handwerkskammer – mehr als drei Monate war sie damit beschäftigt, Anträge zu stellen, Steine aus dem Weg zu räumen. Zudem war der Asylantrag des jungen Afghanen abgelehnt worden. Er gilt aber als geduldet und hat zudem Klage gegen den Bescheid eingelegt. Angelika Salge hat nicht lockergelassen. „Der fängt bei uns an“, und am Ende behielt sie recht.
Zehn Mitarbeiter sind in der Firma beschäftigt, derzeit wird noch ein Techniker gesucht. Bei der kaufmännischen Ausbildungsstelle im Büro hat Salge schlechte Erfahrungen gesammelt: „Eine Bewerberin hat nach drei Wochen aufgegeben, weil es ihr zu anstrengend war.“
Dabei seien im Handwerk die Beschäftigungschancen für junge Berufsanfänger wirklich gut. Faeizi weiß das zu schätzen: „Wenn man Arbeit hat, lernt man schneller Deutsch als in Kursen oder in der Schule.“ Dabei ist für ihn die Berufsschule die eigentliche Hürde in der Ausbildung, vor allem die Fachbegriffe. „Als Familienunternehmen sind wir es gewohnt, unseren Leuten zu helfen, wenn es nötig ist“, sagt Angelika Salge. Außerdem sei der junge Mann bei ihren Mitarbeitern sehr geschätzt. Er sei zum Beispiel auch zum Weihnachtsfest eingeladen worden.
Für den gläubigen Muslim war das kein Problem: „Ich muss die Kultur und die Regeln in dem Land akzeptieren, in dem ich lebe. Und in Deutschland kann ich mich sicher fühlen.“ Bis auf den einen Tag, als ihn ein Betrunkener am Bahnhof als Ausländer beschimpft und dann geschubst hat: „Das war ein älterer Mann, der mich schlagen wollte, aber ich bin einfach weggegangen.“
Ein Erlebnis, das im Vergleich zu seinen Fluchterfahrungen nicht schwer wiegt, sagt er: „Ich habe oft um mein Leben gebetet. Das kann man nicht so einfach vergessen.“
Eine Wohnung in der Nordstadt – und gute Zukunftsaussichten
Doch in seiner Ausbildungsfirma fühlt er sich aufgehoben. Faeizi hat eine Wohnung in der Nordstadt gemietet und auch deutsche Freunde, erzählt er. Die jungen Afghanen, die er kennt, wollen möglichst ebenfalls einen Job bekommen und in Deutschland bleiben.
Kontakte nach Afghanistan hat er aber auch noch, zum Beispiel zu einem ehemaligen Mitschüler: „Dem geht es gut.“ Faeizi selbst hofft darauf, als Glaser einen sicheren Arbeitsplatz zu bekommen. „Die Chance hat er auf jeden Fall“, sagt Christoph Salge.